Phosphor-Rückgewinnung durch thermische Behandlung von Klärschlamm

Entwicklung eines zweistufigen Verfahrens im Drehrohrofen

Phosphor ist eines der wichtigsten Düngemittel weltweit, doch die Menge der natürlichen Vorkommen dieses Rohstoffs ist begrenzt. Gemeinsam mit unseren Partnern arbeiten wir bei IBU-tec daran, technische Verfahren zur Rückgewinnung von Phosphor zu entwickeln und Klärschlamm als „Rohstoff“ in die Kreislaufwirtschaft zu integrieren.

Rohstoffquelle Klärschlamm

Laut der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe belaufen sich die weltweiten Reserven des Gesteins Phosphorit auf ungefähr 70 Milliarden Tonnen. Hochrechnungen gehen davon aus, dass bereits 2030 die maximale globale Phosphatproduktion erreicht wird.

Eine Alternative zu den natürlichen Phosphatreserven kann Klärschlamm sein, der große Mengen davon enthält. In der Vergangenheit düngten Landwirte ihre Felder daher häufig mit Rückständen aus der Abwasserbehandlung. Neben Phosphor und anderen nützlichen Mineralien enthalten diese aber auch gefährliche Schadstoffe und Schwermetalle.

Mit der Novellierung der Klärschlammverordnung beschloss der Gesetzgeber daher 2017 den Ausstieg aus der Verwendung von Klärschlamm als Düngemittel. Gleichzeitig verpflichtete sie die Klärschlammerzeuger dazu, wertvollen Phosphor zurückzugewinnen. Laut Umweltbundesamt fielen 2016 in Deutschland rund 1,8 Millionen Tonnen Klärschlammtrockensubstanz an – eine wichtige Rohstoffquelle, deren Nutzung nun gesetzlich vorgeschrieben ist.

Zusätzlich zur Rückgewinnung von Phosphor als nicht erneuerbarem Rohstoff gibt es weitere Verwertungsmöglichkeiten für Klärschlamm, der zahlreiche Mineralien und Stoffe enthält, die das Pflanzenwachstum unterstützen. Ziel muss es daher sein, von der bodenbezogenen Verwertung von unbehandeltem Klärschlamm loszukommen und ein Produkt zu generieren, welches als schadstofffreies Düngemittel genutzt werden kann.

Die besondere Herausforderung bei der Entwicklung eines thermischen Verfahrens zur Behandlung von Klärschlamm zur Phosphorrückgewinnung ergibt sich aus der Vielzahl an gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerten. So enthalten etwa die Klärschlammverordnung, das Kreislaufwirtschaftsgesetz, die Düngemittelverordnung und die Deponieverordnung detaillierte Vorgaben für die Phosphorrückgewinnungsquote ebenso wie für die maximale Schwermetallbelastung, den gesamten organisch gebundenen Kohlenstoff (TOC) und den Glühverlust, also den Gesamtgehalt organischer Substanz im Klärschlamm.

Thermische Verfahren zur Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm

Die derzeit vorherrschende Technologie zur thermischen Behandlung von Klärschlamm ist die Wirbelschicht. Aufgrund ihrer einfachen und robusten Bauweise bei gleichzeitig geringen Materialanforderungen eignen sich aber auch Drehrohre sehr gut für die Verarbeitung von vorgetrockneten Klärschlamm, insbesondere mit Blick auf die Verarbeitung in Müllverbrennungsanlagen. Hierauf liegt der Fokus der Projekte bei IBU-tec.

Ein bisher angewendetes thermisches Verfahren zur Phosphorrückgewinnung umfasst zwei Reaktionen – Pyrolyse und Oxidation –, die zusammen in einem Drehrohr durchgeführt werden. Dieses Verfahren bildete die Ausgangsbasis zur Untersuchung des Prozesses und Entwicklung einer Anlage zur thermischen Behandlung von Klärschlamm.

Das Ziel bei IBU-tec war es, den Prozess in zwei getrennte Schritte aufzuteilen: zunächst die Behandlung in einem Pyrolosedrehrohr und anschließend die Oxidation in einem Verbrennungsdrehrohr. Vorteil eines solchen Verfahrens ist es, die Prozessstufen getrennt voneinander regeln und betreiben zu können.

Erfolgreiche Entwicklung eines zweistufigen thermischen Verfahrens

Eine Schwierigkeit des Prozesses bestand darin, die optimale Reaktionstemperatur der Oxidationsstufe zu finden, da sich die Bildung von löslichen Phosphorverbindungen gegenläufig zur Konzentration von Schwermetallen in der Klärschlammasche verhält. So nimmt die Löslichkeit des Phosphors mit steigenden Temperaturen ab, was sich negativ auf die Pflanzenverfügbarkeit – also die Fähigkeit der Pflanzen, den Stoff aufzunehmen – auswirkt. Bei niedrigeren Temperaturen ist dagegen der Schwermetallgehalt im Rückstand zu hoch, sodass es zu Grenzwertüberschreitungen kommt. Hier kommt es daher besonders auf Expertise an.

Basierend auf den Versuchsergebnissen konnte IBU-tec eine Pyrolysetemperatur und eine Oxidationstemperatur ermitteln. Zudem konnte nachgewiesen werden, dass es möglich ist, mit dem zweistufigen Verfahren die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte für den Kohlenstoffanteil, den Glühverlust und die Phosphorrückgewinnung einzuhalten.

Exemplarische Rechnung für Weimar

Im Jahr 2017 fielen in Deutschland ca. 1,7x10^6 t Klärschlamm als Trockensubstanz an. Unter Einbeziehung von ca. 75 % Feuchte entspricht das ca. 5.100 t Klärschlamm, der bei einer Kleinstadt wie Weimar mit ca. 65.000 Einwohnern anfällt. Darauf beruhend wurde eine exemplarische Berechnung der Massenströme und Energieeinträge erstellt.

Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

In unseren Versuchen haben wir Erkenntnisse gewonnen, die unsere Überlegungen untermauern. Ein entsprechendes Patent wurde angemeldet. Unsere Versuche haben gezeigt, dass das zweistufige Verfahren zur Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm die Grenzwerte bezüglich TOC und Glühverlust einhält. Die Phosphorlöslichkeit, die als Maß für die Pflanzenverfügbarkeit herangezogen wird, bewegt sich im erwartbaren Rahmen von thermischen Verfahren zur Phosphorrückgewinnung.

In nachfolgenden Versuchen soll nun die Schwermetallbelastung optimiert werden. Eine Möglichkeit, die Schwermetallbelastung weiter zu senken, besteht etwa in der Zugabe von Additiven (z. B. MgCl2) um den Siedepunkt zu verringern und diese somit bei der Reaktionstemperatur in die Gasphase zu überführen.